Es beginnt mit einem skeptischen Lächeln. Atmen? Das tue ich doch schon mein ganzes Leben. Warum sollte das plötzlich alles verändern? Doch in mir spüre ich eine Suche. Nach Balance, nach einem Moment der Stille in meinem sonst so lauten Kopf. Also wage ich den Schritt ins Unbekannte: 30 Tage lang bewusst atmen. Was ich noch nicht ahnte – ich begebe mich auf eine Reise zu mir selbst.
Manchmal beginnt etwas Großes mit einem Zögern. Hätte mir jemand vor einem Monat erzählt, wie tief mich bewusste Atemübungen verändern würden, hätte ich abgewunken. Doch es gibt zu viele, die davon schwärmen. Also frage ich mich: Was ist dran an diesem Breathwork-Hype?
In diesem Artikel
Tag 1: Ein holpriger Anfang
Ich sitze auf meiner Yogamatte und starte mit zehn Minuten tiefer Bauchatmung. Einfach, denke ich. Doch kaum zwei Minuten später spielt mein Kopf verrückt: „Warum mache ich das? Habe ich die Einkaufsliste für morgen fertig? Wäre es nicht besser, die Zeit produktiv zu nutzen?“ Trotzdem bleibe ich sitzen – ein / aus. Als der Timer endlich piept, atme ich tief durch und fühle einen Hauch von Zufriedenheit. Vielleicht ist das mein erster kleiner Sieg gegenüber meinen Selbstzweifel.
Tag 3: Warum ist das so schwer?
Heute fällt mir alles schwer. Mein Körper will nicht stillsitzen, mein Atem bleibt flach, und in mir brodelt eine seltsame Wut. „Warum kämpfe ich so sehr mit etwas so Natürlichem?“ Ich will abbrechen, erinnere mich aber an diese Worte: „Unruhe zeigt, dass du an den richtigen Stellen arbeitest.“ Also atme ich weiter, auch wenn es zäh ist. Vielleicht gehört das dazu.
Tag 7: Ein Funken Hoffnung
Nach einer Woche spüre ich die erste Veränderung. Heute, nach einem langen Arbeitstag, setze ich mich hin und beginne, vier Sekunden ein- und sechs Sekunden auszuatmen. Es fühlt sich an, als würde jemand in meinem Kopf aufräumen. Die Gedanken werden klarer, die Spannung weicht ein wenig. Es ist nicht perfekt, aber ein kleiner Anfang. Als der Timer geht, habe ich ein Lächeln auf den Lippen.
Tag 12: Alles fällt auseinander
Der Tag ist chaotisch: kaum Schlaf, die Kinder ständig wach mit Albträumen; mein Cacao Becher fällt mir aus der Hand; Stau, ich komme zu spät zum meiner Klientin – ein Desaster reit sich an das Nächste. Ich will die Atemübung ausfallen lassen und einfach nur auf’s Sofa, als die Kinder endlich im Bett sind… doch etwas in mir drängt mich, wenigstens zwei Minuten zu atmen, bevor ich schlafen gehe. Ein – Aus. Ich merke, wie angespannt ich bin. Aus – Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Ich habe mich so hart gemacht, um den Tag zu schaffen. Atemzug für Atemzug fällt mehr Schwere von mir ab. Ich werde weicher … lasse meine Anspannung mehr und mehr los. Der Moment berührt mich so sehr, dass mir Tränen in die Augen schießen. Ich habe den ganzen Tag nur funktioniert und jetzt gerade nehme ich mich wahr. Etwas löst sich in mir. Die Tränen rinnen über mein Gesicht, liebevoll, als würden sie mich streicheln.
Tag 13: Etwas verändert sich
Ich wache ruhiger auf. Mein Atem fühlt sich tiefer an, mein Kopf klarer. Ich bin mehr bei mir. Heute probiere ich den verbundenen Atem aus. Während der Übung tauchen alte Emotionen auf, plötzlich und unvermittelt. Es ist schmerzhaft, aber auch befreiend. Der Atem gibt mir Sicherheit und einen Anker. Ich erkenne: Es geht nicht nur um Entspannung – es geht darum, mich selbst in all meinen Facetten anzunehmen.
Tag 15: Sicherheit im Atem
Heute spüre ich eine innere Ruhe, die neu ist. Während der Übung finde ich einen Rhythmus, der mich trägt – vier Sekunden ein, sechs aus. Mein Atem fühlt sich nicht mehr wie ein Werkzeug an, sondern wie ein sicherer Ort. Auch später, als der Tag hektisch wird, nehme ich immer wieder meinen Atem wahr. Er gibt mir das Gefühl: „Du bist okay. Es ist alles gut.“ Zum ersten Mal spüre ich: Mein Atem kann mir Sicherheit schenken – egal, was um mich herum passiert. Es fühlt sich beruhigend und wohlig an.
Tag 19: Rückfall in alte Muster
Heute habe ich das Gefühl, nie angefangen zu haben. Mein Kopf ist laut, mein Atem flach, und ich greife ständig zum Handy. „Das bringt alles nichts“, denke ich. Doch am Abend zwinge ich mich, fünf Minuten zu atmen. Nach der Übung merke ich, wie meine Schultern sich entspannen. Vielleicht ist genau das der Punkt: Dranzubleiben, auch wenn es sinnlos erscheint.
Tag 20: Der Atem wird ein Anker
An der Supermarktkasse staut sich eine lange Schlange, und ich merke, wie die alte Ungeduld aufsteigt. „War ja klar, wieder die falsche Schlange…“ Doch statt mich reinzusteigern, schließe ich die Augen und atme: vier Sekunden ein, acht Sekunden aus. Die Welt um mich herum bleibt dieselbe, doch in mir entsteht Raum. Ich lächle – zum ersten Mal verstehe ich, was es heißt, dass der Atem mein Anker sein kann.
Tag 23: Unerwartete Erinnerungen
Ich fühle mich bereit für eine Breathwork Journey. Es tauchen Bilder aus meiner Kindheit auf. Erinnerungen, die ich längst vergessen glaubte. Es ist unangenehm, mein Körper antwortet unruhigen zappeln – es ist als wollte etwas „Altes“ gehen. Das Schütteln löst die Erfahrung aus dem Körper. In mir wird es leichter. Mein Atem trägt mich durch diese Bilder hindurch, ohne dass ich daran festhalten muss. Am Ende fühle ich mich irgendwie befreit von einer unsichtbaren Last.
Tag 28: Fast am Ziel – und doch so müde
Heute ärgere ich mich. Nach fast einem Monat sollte es doch einfacher sein, denke ich. Aber heute fühle ich mich ausgelaugt, leer, und allein der Gedanke ans Atmen strengt mich an. Trotzdem setze ich mich hin – nur drei Minuten. Es ist nicht spektakulär, was ich mach, aber genug, dass der Atem „anspringt“. Ich begreife, das der größte Sieg machmal darin besteht, einfach weiterzumachen und geh‘ zufrieden in den Tag.
Tag 30: Ein Anfang, kein Ende
Wehmut?! Nein. Der letzte Tag fühlt sich nicht wie ein Ende an, sondern wie ein Anfang. Ich sitze still, atme, und spüre eine tiefe Dankbarkeit – für diese Reise, für meinen Atem, für mich. Mein Atem hat sich verändert und ist jetzt nicht mehr nur ein Werkzeug. Er ist zu meinem Begleiter geworden. Er trägt mich, wenn alles andere wankt und wiegt mich, wenn ich mal eine Pause brauche.
Was bleibt – mein ganz persönliches Fazit
Die Struggles zählen: Gerade die schwierigen Tage haben mich wachsen lassen.
Der Atem ist ein Freund: Er erinnert mich daran, dass ich genug bin – immer.
Es lohnt sich: Kleine Schritte, Tag für Tag, können alles verändern.
Was zählt ist dein Commitment zu dir.
Heute, wenn der Alltag laut wird, flüstert mir mein Atem:
„Keine Panik, ich bin da.“ Und ich weiß: Das reicht.